Euroforum-Jahrestagung „Apotheke“: Bonfert (1A-GESUND): Politik in der Pflicht / Spahn (CDU): Abschlag muss runter / Diener (Treuhand Hannover): Wertschöpfungskette verändert sich
„Der Ausgangspunkt der Verhandlungen für den Apothekenabschlag für 2013 muss der Zustand von 2010 sein, also 1,75 Euro“, erklärte Jens Spahn (CDU/CSU) in der 7. Euroforum-Jahrestagung „Apotheke“ (19. und 20. April 2012, Berlin). Auf dem Branchentreff sprach der Gesundheitsexperte über die politischen Pläne für den Apothekenmarkt. Spahn zeigte sich darüber hinaus offen, über eine geänderte Honorierung der Apotheker zu sprechen. Über 30 Referenten diskutierten darüber hinaus über die Rolle des Apothekers im Versorgungsmanagement, Auswirkungen des AMNOG auf den Apothekenmarkt sowie Vor- und Nachteile verschiedener Vertriebskanäle und Kooperationsmodelle.
Benchmarking der Kooperationsmodelle
Eine „angemessene, d. h. bessere Vergütung für die Leistungen der Apotheker“ hatte zuvor bereits Hans-Christoph Bonfert (Geschäftsführer der 1A-GESUND Apotheken) angemahnt. Nach den jüngsten Kahlschlägen der Gesundheitsreform sei es nun an der Politik, diesen wichtigen Leistungsträgern in der Gesundheitsversorgung unserer Bevölkerung Perspektiven zu eröffnen. Der Markterfolg eines Pharmazeuten hänge aber auch stark von seiner Strategie, z. B. bei der Wahl seiner Kooperation, ab: Jede Kooperation sei nur so „sexy“, wie sie Mehr-Wert für die teilnehmenden Apotheken schaffe und nicht für Dritte, so Bonfert im „Beauty Contest“ der Kooperationen: „Wichtige Voraussetzung sind neben einem aktiven Marketing natürlich auch die Bündelung von Einkaufskraft und die Unabhängigkeit gegenüber unseren Partnern aus Industrie und Großhandel.“ Dazu sei jedoch eine hohe Verbindlichkeit im gegenseitigen Umgang nötig. Diese komme aus der persönlichen Nähe der 1A-Apothekeninhaber/innen, den regionalen Strukturen sowie der direkten Kommunikation und Teilhabe: „Als 1A-GESUND Apotheker/in ist man nicht nur Teilnehmer unserer Kooperation, sondern Mit-Eigentümer.“ Das schaffe eine hohe Identifikation innerhalb der Gruppe, wie auch der jüngste Spitzenplatz beim Kooperations-Award zeige. Bonferts Fazit: "Professionelles Leistungsspektrum PLUS Emotionale Identität schafft Mehr-Gewinn." Über die Frage „Was bringt die jeweilige Kooperation dem Apotheker und welche Inhalte und Leistungen bietet sie?“ diskutierten neben Bonfert auch Dr. Stefan Hartmann (Vorsitzender des Bundesverbands der Deutschen Apothekenkooperationen BVDAK und Vorstand der Vita Plus AG), Frank Stuhldreier (Geschäftsführer der parmapharm) und Georg Rommerskirchen (Vorstand der LINDA AG).
Auswirkungen des AMNOG auf die Apotheken
2011 ist kein gutes Jahr für die Apotheken gewesen, das zeigt die aktualisierte Hochrechnung der Treuhand Hannover auf Basis der ersten drei Quartale. Der Wareneinsatz verteuert sich gegenüber dem Vorjahr, so dass der Rohgewinn einer typischen Apotheke 2011 auf 25,2 Prozent des Nettoumsatzes gesunken ist. Nach Abzug der gestiegenen Betriebskosten ergibt sich eine Umsatzrendite von nur noch 4,6 Prozent des Nettoumsatzes – im Vorjahr waren es noch 5,8 Prozent. Dr. Frank Diener (Treuhand Hannover GmbH Steuerberatungsgesellschaft) sprach auf der Apotheken-Tagung über Veränderungen in der pharmazeutischen Wertschöpfungskette und Perspektiven für 2012. Eine Bestandsaufnahme aus Sicht der Apotheken, des Großhandels, der Industrie und des Re-Imports boten anschließend Dr. Stefan Hartmann (Bundesverband Deutscher Apothekenkooperationen e.V. (BVDAK), Bernadette Sickendiek (PHAGRO - Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels e.V.), Dr. Frank Thoss (Verband der forschenden Arzneimittelhersteller) und Jörg Geller (Verband der Arzneimittel-Importeure Deutschlands (VAD).
Die Rolle des Apothekers im Versorgungsmanagement
„Apotheker können einen wesentlichen Beitrag leisten, die Einstelllung des Patienten zum Arzneimittel zu verändern, um so nachhaltige Erfolge für eine effiziente Therapie zu erzielen. Leider findet die Umsetzung des Konzepts der pharmazeutischen Betreuung heute im Alltag noch zu selten statt“, stellte Tim Steimle (Techniker Krankenkasse) fest. Gemeinsam mit Jochen Pfeifer (University of Minnesota, Adler Apotheke) und Dr. Leonhard Hansen (Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein) diskutierte Steimle über die Rolle des Apothekers im Versorgungsmanagement und die Honorierung von zusätzlichen Leistungen.
Update ABDA/KBV-Modell - Kommt der Medikationskatalog?
Geht es nach den Plänen von ABDA und KBV, soll der Arzt Diagnose, Wirkstoff und Dosierung festlegen. Der Apotheker wählt das Arzneimittel aus, wobei er sich an einem Medikationskatalog orientiert. Nach den Berechnungen von ABDA und KBV könnte ihr Konzept die Arzneimittelkosten der Krankenkassen um bis zu 2,8 Milliarden Euro pro Jahr senken. Details zu dem ABDA/KBV-Modell und notwendige gesetzliche Grundlagen für das Vorhaben erläuterten Dr. Dieter Conrad (Hausärzteverband Hessen), Karl-Heinz Resch (ABDA) und Dr. Sibylle Steiner (Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV).
Vertrieb – Welche Kanäle haben Zukunft?
Fast 3.000 Apotheken in Deutschland haben eine Versandhandelserlaubnis. Insgesamt erzielen sie einen Umsatz von rund 1,3 Milliarden Euro - Tendenz steigend. Das große Geschäft machen aber nur wenige: Schätzungen zufolge entfallen mehr als 90 Prozent des Umsatzes auf etwa 50 Versandapotheken, viele davon aus dem Ausland, so die Ergebnisse der von der IFH Köln veröffentlichten Studie zum Versandhandel mit Arzneimitteln in Deutschland. In der Diskussionsrunde „Versand versus Offizin“ berichteten Christian Buse (mycare OHG und BVDVA) und Dr. Peter Froese (Apothekerverband Schleswig-Holstein) über Zuwachsraten im Apothekenversandhandel bei OTC-Produkten zu Lasten des Offizin-Geschäfts.
Saarbrücken, 21.04.2011
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen